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Verschlafene Weihnachten

Die Erleichterung ist groß, dass ich die schwierigste Zeit im Jahr hinter mir habe. Vielleicht hätte es auch schon zur Stimmung beigetragen, wenn ich die Nacht von 23. auf 24. nicht durchgemacht hätte. Im Wochenendhaus angekommen bereitete Mama gerade das Abendessen vor und nachdem ich ihr ein wenig unter die Arme gegriffen hatte, rollte ich mich am Sofa unter der Decke zusammen und schlief erst mal, bis es Essen gab. Nach dem Handy-lastigen Weihnachten letztes Jahr hatte ich eigentlich vorschlagen wollen, dass alle ihre Handys ausschalten, oder zumindest in den Flugmodus stellen, wenn man sie zum Fotografieren benutzen will- doch meine Mutter war mir erstaunlicherweise damit bereits zuvorgekommen. Die Feierlichkeiten gingen gemütlich über die Bühne. Das Highlight war wie immer das Auspacken der Geschenke meiner Mutter, die sie von ihren Mitarbeitern in der Arbeit bekommen hatte. Offenbar dürfte sie eine sehr beliebte Chefin sein- der Geschenkeberg war ungefähr so groß wie der von mir und meiner Schwester zusammen. Gegen 23:00 verkündete ich, Zähneputzen zu gehen. Natürlich ging es nicht nur ums Zähneputzen. Doch ausgerechnet an diesem Abend war einfach der Wurm drin. Obwohl mir nicht kalt war, war einfach nichts zu treffen. Umso öfter ich es versuchte, umso nervöser wurde ich natürlich auch, denn mittlerweile waren schon über 20 Minuten vergangen und langsam würde es meiner Familie komisch vorkommen, dass ich so lange weg war. Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es endlich. Netterweise fragte niemand nach, warum ich so lange weg gewesen war. In den letzten Jahren hatten Nadine und ich noch
ein wenig um Dunkeln geredet, doch diesmal waren wir beide so erledigt, dass wir sofort einschliefen.

Als ich aufwachte, lag Nadine nicht mehr neben mir. Mein unterer Rücken schmerzte höllisch und ich fühlte mich generell unwohl. Kurze Zeit später kam meine Mutter herein um das Frühstück vorzubereiten. Nachdem sich alle um den Tisch versammelt hatten, wollte ich mich dazusetzen- ganz schlechte Idee. Als ich mich aufsetzte, begann sich die Welt um mich zu drehen wie ein Karussel und mir war übel wie schon lange nicht mehr. Erst nach einer halben Stunde fühlte ich mich in der Lage, zum Tisch zu wanken und eine halbe Scheibe Knäckebrot und ein paar Tomaten runterzuwürgen in der Hoffnung, das würde meinen Kreislauf in Ordnung bringen. Diese Hoffnung wurde bitter enttäuscht.
‘Ich konnte nur tatenlos zusehen, wie meine Familie meine Sachen für mich zusammenpackte, das Bett wieder in ein Sofa zurückverwandelte, während es mich schon alle Kraft kostete, mich umzuziehen. “Bist du sicher dass du fahren kannst?” fragte Mama besorgt. Auch wenn ich nicht sicher war, nickte ich. “Das geht schon, ich brauche euch ja nur nachfahren…” Nadine begleitete mich und erzählte mir unterwegs von ihrem Kampf mit einer Airline, das Geld für ein storniertes Ticket zurückzubekommen. Zuhause angekommen war es Mittag, und ich beschloss mich kurz hinzulegen- vielleicht würde mein Kreislauf dann mit mir aufstehen. Als ich aufwachte, dämmerte es draußen bereits. Verdammt, wie lange hatte ich geschlafen? Ich tappte ins Wohnzimmer und traf dort auf Papa, der ein Buch las. “Mama ist Blumen kaufen gefahren für Oma morgen. Wir haben schon gegessen, Mama war eh dreimal hinten bei dir, aber du hast so tief und fest geschlafen, da wollten wir dich nicht wecken. Aber wir haben dir was mitbestellt, den Reis den du immer isst und so ein Gemüse, steht drüben am Tisch” informierte er mich. Drüben am Esstisch wartete tatsächlich eine Portion chinesischer gebratener Reis mit Gemüse ohne Ei und gebratenes Gemüse. Den Reis kannte ich schon, aber das Gemüse war neu für mich- und zum Eingraben. Ich war echt haarscharf davor, mir eine zweite Portion- wenn man bei meinen Mengen überhaupt von Portion sprechen kann- zu nehmen, aber dann kam Mama schon zurück und wir verbrachten den restlichen Abend mit verschiedenen Spielen. Vor dem Schlafen wollte ich noch für etwas Entspannung sorgen- doch wenn am Vortag der Wurm dringewesen war, waren an diesem Abend mindestens 5 Würmer drin. 2 Fünferstreifen Nadeln hatte ich mir in die Reisetasche geworfen und drei einzelne waren noch drin gewesen- nachdem ich einen ganzen Streifen am wahrsten Sinne des Wortes “verballert” hatte machte ich erst Mal eine halbe Stunde Pause, denn umso mehr Versuche man schon hinter sich hat, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit dass der nächste erfolgreich ist, weil das Gewebe rund um die Fehlversuche anschwillt. Danach ging ich dazu über, auch wenn ich so etwas normalerweise nicht mache, eine Nadel für zwei Versuche zu benutzen aus Angst, dass sie mir sonst ausgehen würden. Der 9. Versuch war ich endlich erfolgreich- ich hatte schon fast nicht mehr daran geglaubt…

Am nächsten Tag fuhren wir wieder zu Oma. “Richtet ihr unfreundliche Grüße von mir aus!” sagte Papa zum Abschied, wie immer. Mama verdreht die Augen, wie immer.” Papa!” sagt Nadine vorwurfsvoll, wie immer. “Na was kann ich denn dafür, wenn sie mich nicht sehen will!” entgegnet er, wie immer. Ich weiß nicht, warum er das Thema immer und immer wieder aufs Tablett bringen muss. Es ist, als würde er indirekt sagen: “Wenn ihr schon unbedingt fahren müsst- dann habt gefälligst zumindest ein schlechtes Gewissen mir gegenüber!” Ich frage mich, ob er nur einmal darüber nachgedacht hat, wie ich mich dabei fühle, wo ich doch quasi der Auslöser dafür war. Unter den Umständen war ich froh, nach dem Oma-Besuch zurück ins kaff zu meinen 3 Fellmonstern fahren zu können…

Im Nachhinein schäme ich mich. Ich weiß genau, dass sich meine Eltern sicher Sorgen gemacht haben, als ichh am 25. so fertig war. Dabei will ich doch eigentlich, dass sie sich möglichst wenige Sorgen machen. Aber das ist wohl gründlich in die Hose gegangen.

One comment on “Verschlafene Weihnachten

  1. Ich kam sehr gut von weg nach Entzug mit Psychose. Aber Nadeln für rein möchte ich nie. Bleib wie immer und schreib mal du warst Snowboard fahren.

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