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Guter Tag

Heute ist ein guter Tag. Der Start war allerdings holprig. Abgemacht war, dass Mittwoch Wiegetag ist. Morgens wird immer bei allen Patienten Blutdruck gemessen, und statt den zwei Stühlen stand da im Tagraum heute auch die Waage. Mein Blutdruck war unterirdisch (58/86) und danach sagte die Schwester: “…und jetzt noch auf die Waage bitte!” War das ihr Ernst?! “Aber ich dachte, ich werde morgen erst gewogen?!” – “Bei uns auf der Station am Dienstag Wiegetag!” Am liebsten wäre ich in Tränen ausgebrochen, ich war seelisch absolut nicht darauf vorbereitet, doch ich riss mich zusammen. “Na gut… aber definitiv nicht jetzt und hier vor allen Anderen!” Das war dann okay und ich ging erst mal frühstücken. Danach hatten wir Morgenrunde, anschließend setzte ich mich mit Fresubin an mein Puzzle und als gegen 9 die Station so gut wie leer war, ging ich zum Stützpunkt. “Jetzt können Sie mich von mir aus wiegen!” sagte ich. “Nein, ich habe in ihrem Akt nachgesehen. Sie hatten Recht, Sie sind erst morgen dran!” Seriously?! “Können wir das nicht heute machen? Erst jagen Sie mir morgens einen Riesenschrecken ein, dann habe ich mich halbwegs gefangen und seelisch drauf vorbereitet und jetzt doch nicht?!” – “Tut mir leid. Wir wiegen Sie morgen!”

Meine Anspannung schoss Richtung Hochspannungsbereich. Doch wir hatten erst mal Stationsrunde. Danach versuchte ich es nocheinmal und erklärte der Schwester die Situation, dass es mich unglaublich unruhig mache, jetzt plötzlich doch nicht gewogen zu werden. Schließlich hatte sie Erbarmen und ging mit mir ins Stationsbad. “Wollen Sie Ihr Gewicht wissen?” fragte sie. “Ja.” sagte ich und machte mich auf eine Zahl gefasst, die mich umhauen würde. Doch es waren gerade mal 3,3kg mehr als bei meiner Aufnahme, und das voll bekleidet und nach dem Frühstück und Fresubin. Und mit dem Essen von 3 Tagen im Bauch.  “Wirklich?” fragte ich nach. “Ja.” antwortete sie. “Also das schreckt mich jetzt nicht. Ich hätte gedacht, dass es viel mehr ist.” sagte ich.

Insofern war ich also beruhigt, das Problem war nur: Die Anspannung ging davon auch nicht weg. Zum Glück hatte ich um 11:00 Musiktherapie. Danach war es weeesentlich besser. Die Musiktherapeutin fand ich gestern schon total cool und heute hat sie endgültig mein Herz erobert. Die von meinem letzten Aufenthalt hatte immer ein fixes Programm, das sie durchzog. Die jetzige ist einfach total spontan. Nachdem mehrere andere Patienten auch unruhig waren, machten wir heute Übungen, um die Unruhe zu reduzieren und nachher ging es mir wirklich viel besser. Außerdem hat sie angeboten, dass ich im Therapieraum Klavier spielen darf, wenn er gerade nicht gebraucht wird.

Danach stand die Challenge des Tages an: Mittagessen. Heute gab es nämlich Topfenstrudel mit Vanillesauce. War leider das einzige vegetarische Gericht für heute. Aber ich kämpfte mich durch meine halbe Portion und nach einer knappen Stunde war sie und der Apfel geschafft.

Eigentlich hatte ich nach dem Wiege-Fiasko am frühen Nachmittag losgehen und Fresszeug kaufen wollen, um die Anspannung loszuwerden, aber ich habe geschafft, es nicht zu tun und sogar den Topfenstrudel zu essen. Ich glaube, heute ist ein guter Tag.

One comment on “Guter Tag

  1. Mein Gott, wie seltsam mit dem Wiegentag-Hin-und-Her! Gut, dass du zu dir gestanden hast und denen gesagt hast, wie es dir damit ging und es dann doch zu einem guten Ende kam.

    Gibt es schon Neuigkeiten zum Entlassungstermin? Das mit der Zunahme ist natürlich super, aber du bist ja immer noch im gefährlich niedrigen Bereich…

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